Was uns zu Menschen macht: Denken toppt künstliche Intelligenz

Laut einer aktuellen Studie des deutschen Branchenverbands „Bitkom“ unter 600 Firmen scheint sich bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) im Arbeitsumfeld etwas zu bewegen. Seit Jahresbeginn ist der Anteil von Unternehmen, die KI für Digitalisierungsprozesse anwenden, von neun auf 15 Prozent gestiegen. Was kann die ChatGPT-Software überhaupt und wie funktioniert ein Chatbot erfolgsversprechend für Leben, Liebe und Wirtschaft? Diesen Fragen widmete sich jetzt der promovierte Biochemiker und Neurowissenschaftler Henning Beck in seinem Impulsreferat „Gehirn vs. künstliche Intelligenz – Wer behält die Oberhand?“ im „Ernst Leitz Museum“ auf Einladung der ODDO BHF Privatbank bei einer Abendverstaltung in Wetzlar.

 

Kategorisch verstehen

Mit „Nur Menschen verändern die Welt mit Ideen“, startete Beck in den Vortrag, um damit direkt seine rund 80 Zuhörer zu beruhigen. Auch wenn man mit Datensätzen als das schwarze Gold des 21. Jahrhunderts handele, würde KI nicht die Herrschaft übernehmen. Keine Macht den Maschinen, Robotern oder Computern, denn das neuronale Netzwerk im Gehirn habe Tricks auf Lager, die den Menschen unersetzbar machen. Der 1983 geborene Beck, dessen Name von Buchtiteln wie „12 Gesetze der Dummheit“ bekannt ist, erforscht seit Jahren die reale Informations- und Lernfähigkeit beim Denken. Seine These lautet, dass Menschen durch ihr Konzeptdenken in Kategorien verstehen, wofür eine Sache da ist und warum es so oder anders gemacht wird. Erst das Wissen erlaubt sich wiederum kreative Fehler, deren „Denkbrüche“ Fortschritte produzieren.

 

Suppe mit Gabel löffeln

Diese Besonderheit des Ursache- und Wirkungsprinzips bleibt dem maschinellen Denken unbekannt. „Künstliche Intelligenz würde die Suppe mit einer Gabel essen, weil die Aufgabe und Funktion eines Löffels nicht verstanden ist“, veranschaulichte der Wissenschaftler in plakativer Weise. Demzufolge sei etwa eine Chat-Heiratsfrage unerquicklich, weil hierfür der Algorithmus von fünf Millionen Daten nötig wären, bekräftige Beck seine Aussage amüsant. Die große perspektivische Zukunftschance von KI liegt seiner Meinung nach in digitalen Assistenten, die maßgeschneiderte Lösungen bieten, um Anliegen bei Alltag und Arbeit zu unterstützen. Standardvorgänge, zum Beispiel bei Kundenkommunikation, profitieren bereits von Service-Bots durch beschleunigte Bearbeitungen, bei denen zugleich immer wieder persönlicher, individueller Austausch unabdingbar ist.

 

Text/Fotos: Ariane Günther