30 Jahre Kölner Kult-Café Waschsalon: „Liebe stirbt bei 60 Grad"

Vor 30 Jahren hatten  Walter und Holzmann schon einige Erfahrung mit gastronomischen Objekten unterschiedlicher Couleur. Irgendwann sprang ihnen das leerstehende Autohaus mitten im Kölner Friesenviertel ins Auge. Im umliegenden Gerling-Quartier wurde stadtplanerisch der große Wurf geplant und einige Ladenlokale standen leer. Man überlegte daher, was sich dort gut machen würde. Vieles wurde angedacht und wieder verworfen. Was blieb: Es gab im ganzen Friesenviertel keinen einzigen Waschsalon. Warum nicht diese Lücke schließen? Und wenn man dort auf seine Wäsche warten muss, verkürzt man die Zeit mit einem leckeren Kölsch.

 

Innovatives Gastro-Konzept

Einen Mietvertrag gab es erst einmal nur für neun Monate. Da wollte das Duo nicht allzu viel Geld in die Einrichtung stecken. Über einen Bekannten kamen die zwei an ausgediente Waschmaschinen, bauten die Trommeln aus und bauten daraus Lampen, Regale und Barhocker. Solch ein innovatives und einzigartiges Konzept hatte Köln noch nicht gesehen und ganz Deutschland genauso wenig. Denn zu Beginn konnte man tatsächlich für kurze Zeit das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. So traf man sich also im „Café Waschsalon“, wusch die schmutzige Wäsche, trank währenddessen ein „Sion“-Kölsch und unterhielt sich mit den anderen Wartenden. Bald gewann dann das Nützliche die Oberhand und aus den anfänglich geplanten neun Monaten wurden an diesem Standort sage und schreibe sechs Jahre mit unzähligen schönen Abenden und ebensolchen Erinnerungen.

 

Umzug in die „Ehrenstraße 77“

Schließlich war aber ein Ende in Sicht. Der Abriss des Häuserkomplexes stand bevor. Das Erfolgskonzept wollten Walter und Holzmann natürlich nicht aufgeben, suchten eine Alternative und fanden sie 1998 an der Stelle, wo das „Café Waschsalon“ auch heute noch an der Adresse „Ehrenstraße 77“ zu finden ist. Steakhaus raus, Gastronomie mit junger Zielgruppe rein. Sie renovierten und nahmen die liebgewonnenen Einrichtungsgegenstände mit. Hinzu kamen originelle Wandgemälde, wie die Wäscheleine mit dem Schriftzug: „Liebe stirbt bei 60 Grad“. Beliebt ist und bleibt das Kultlokal vor allem bei Studierenden. Es bietet eine kleine, feine Snackkarte und jede Menge gute Musik. Im Außenbereich ist man mittendrin in der City.

 

Ohne „Schickimicki“ mit Stars

Das szenige „Belgische Viertel“ ist nur einen Steinwurf entfernt und auch die Ehrenstraße hat sich zur In-Shippingmeile etabliert. Hier hat man was zu Gucken und wird auch selber gesehen. Der perfekte Spot – nicht nur am Wochenende. Früher feierte hier die in Köln ansässige „EMI Electrola“ mit ihren Musikstars. Kölsche Größen wie Wolfgang Niedecken und Erry Stocklosa waren hier ebenso zu Gast wie Erwin Bach und Tina Turner. Aber, und das ist den Betreibern ganz wichtig, „Schickimicki“ war der Waschsalon noch nie. Hierher kommt man zum Vorglühen, um bei den Spielen vom 1. FC Köln mitzufiebern und den Eishockey-„Haien“ die Daumen zu drücken. Dass es sich hier besonders gut feiern lässt, hat sich über die Stadtgrenzen hinaus herumgesprochen. Und sogar über die Landesgrenzen.

 

Stammgäste aus New York

So gibt es nicht nur Stammgäste aus dem Rheinland, Hamburg und Bayern, sondern auch eine Clique aus New York. Jahr für Jahr kommt diese Gruppe mit wechselnder Besetzung nach Köln und immer zieht es sie in den Waschsalon.Bemerkenswert ist auch, dass 60 % des Personals bereits seit über zehn Jahren hier arbeiten, die Personalleitung sogar schon von Anfang an. Unter den Angestellten wurden Ehen geschlossen und die daraus hervorgegangenen Kinder arbeiten teilweise ebenfalls hier, um sich ihr Studium zu finanzieren. Hier bleibt also alles im Fluss und die Mischung der Generationen scheint Teil des Erfolges zu sein, auch wenn die Kernzielgruppe konstant zwischen 25 und 35 Jahren liegt. Im „Café Waschsalon“ fühlen sich einfach alle wohl!

 

Foto: Die Domstadt freut sich mit den Waschsalon-Betreibern Dirk Holzmann (l.) und Jürgen Walter über das 30-jährige Café-Jubiläum. (c) Susanne Dettmar_Public Cologne

Text: Ariane Günther